In Deutschland hatten 2011 fast 16 Mio. Personen einen Migrationshintergrund, sind somit also entweder selbst zugewandert oder haben mindestens einen Elternteil mit eigener Migrationserfahrung. Innerhalb dieser Gruppe sind auch 8,76 Mio. Personen mit der deutschen Staatsbürgerschaft und damit einhergehend dem aktiven und passiven Wahlrecht bei Bundestagswahlen. Aufgrund rechtlicher Reformen des Staatsbürgerrechtes und nicht zuletzt aufgrund des sprunghaften Anstiegs der Einwanderungszahlen in den letzten Jahren ist mit einem weiteren Anstieg der Zahl der naturalisierten und damit wahlberechtigten Einwanderer zu rechnen. Gleichzeitig ist sowohl die deutsche als auch die internationale Forschung zum Wahlverhalten dieser Gruppe bislang äußerst überschaubar.
Das Forschungsprojekt wird für die Bundestagswahl 2017 die erste deutsche Wahlstudie unter deutschen Staatsbürgern mit Migrationshintergrund durchführen um deren Wahlverhalten detailliert zu analysieren. Für die Wahlforschung stellen Wähler mit Migrationshintergrund eine theoretisch interessante Zielgruppe dar, da sich ihre politische Sozialisation von den Erfahrungen der autochthonen Bevölkerung z. T. deutlich unterscheidet. Ob etablierte Theorien der Wahlforschung auch das Wahlverhalten von Deutschen mit Migrationshintergrund erklären können, oder ob dieses überwiegend von migrantenspezifischen Eigenschaften bestimmt wird, ist daher das zentrale Erkenntnisinteresse des hier beantragten Projektes.
Methodisch werden wir eine qualitativ hochwertige und dementsprechend aufwendige Befragung der beiden größten deutschen Migrantengruppen mittels CAPI durchführen. Deutsche Staatsbürger mit türkischem Migrationshintergrund (etwa 1,3 Mio. Personen) und russischsprachige Spätaussiedler mit deutscher Staatsbürgerschaft aus der Sowjetunion bzw. ihren Nachfolgestaaten (etwa 2,4 Mio. Personen) sind unsere Zielpopulation, die wir jeweils mit 500 Befragten erfassen werden.